Die vergessene Stadt im Erzgebirge

550 Jahre Stadtrecht Geyersdorf: spannende Historie – ergiebige Erzfunde –bergbauliche Tradition – fröhliches Fest

Man könnte den Ort als „vergessene Stadt“ bezeichnen. Die Rede ist von Geyersdorf, seit dem 1. Januar 1999 zur Stadt Annaberg-Buchholz gehörend. Damit wurde – ohne dass es den meisten Bürgern bewusst war – die zweite Stadt mit Annaberg vereinigt. Bereits 1945 war Buchholz auf Befehl des russischen Stadtkommandanten mit Annaberg zusammengeschlossen worden.

In Geyersdorf stellt sich die Lage komplett anders dar. Lange vor der Stadtgründung von Annaberg siedelten sich am Osthang des Pöhlberges (ehemals Belberg) Bergleute an. Grund dafür waren Erzfunde am Beginn des 15. Jahrhunderts. Bereits im Jahr 1442 wurde das Grubenfeld St. Briccius beim Bergamt in Geyer eingetragen. Es war für den Geyersdorfer Bergbau besonders bedeutsam. Vermutet wird, dass zu dieser Zeit Bergleute aus Geyer mit dem Abbau von Silber und Kupfer begannen. Der Name Geyersdorf deutet darauf hin.

Kurfürst verleiht Privilegien an Geyersdorf

Im Hinblick auf ergiebige Erzfunde stellten die ortsansässigen Bürger beim Kurfürst den Antrag, die so genannte „Stadtgerechtigkeit“, das Stadtrecht, zu erhalten. Dieses Recht stand im Zusammenhang mit der so genannten „Bergfreiheit“. Sie gestand den Bergstädten besondere Privilegien zu. Diese förderten den Bergbau und trugen damit indirekt zu höheren Einnahmen bei, die der Landesherr aus dem Bergzehnt und anderen Abgaben schöpfte.

Kurfürst Ernst von Sachsen, Landgraf in Thüringen und Markgraf zu Meißen, der als Inhaber des „Bergregals“ am Bergbau interessiert war, verlieh daraufhin am 4. Februar 1468 dem Ort Geyersdorf die Privilegien einer Stadt. Diese umfassten (Zitat) „einen öffentlichen Wochenmarkt, Brau- und Schankgerechtigkeit für jedes Haus, Niederlassung der Handwerker, Zoll- und Geleits-, Land- und Tranksteuerfreiheit sowie die kleine Jagd mit Netzen“. Damit schuf der Kurfürst eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Ortsentwicklung. In den folgenden Jahrhunderten erneuerten weitere zwölf sächsische Kurfürsten bzw. Herzöge immer wieder die Geyersdorfer Stadtrechte. Bis heute wurden diese nie aufgehoben, werden jedoch seit dem Anfang 19. Jahrhunderts nicht mehr genutzt.

Die große Blütezeit des Bergbaus in Geyersdorf war das 16. Jahrhundert. Zwischen 1575 und 1595 lieferte der Bergbau 3510 Zentner Kupfer und 5060 Mark Silber. Die Erze wurden teils in Geyer, teils in nahegelegenen Hüttenwerken weiter verarbeitet. Auch die berühmte Unternehmerfamilie Uthmann war von 1542 bis 1602 am Bergbau in der Grube St. Briccius beteiligt. Das in Geyersdorf gefundene Kupfer ließ sie u.a. in der eigenen Saigerhütte Grünthal bei Olbernhau verarbeiten und verkaufte es europaweit.

Heute bewahrt der Verein „Gewerkschaft St. Briccius“ in Geyersdorf das bergbauliche Erbe. Am Osthang des Pöhlbergs betreibt er ein Besucherbergwerk, in das auf Voranmeldung eingefahren werden kann. Die dortige Bergbaulandschaft ist Bestandteil des UNESCO-Welterbe-Antrags „Montanregion Erzgebirge“.

Erlebnisreiches Festwochenende in Geyersdorf

Anlässlich der historischen Stadtgründung wurde vom 24. bis zum 26. August 2018 in Geyersdorf ein besonderes Jubiläum gefeiert. Unter dem Motto „Geyersdorfer Stadtfest anno 1468“ beging man im Ort das 550. Jubiläum der Verleihung von Stadtrechten. Dazu hatten viele fleißige Helfer den Platz zwischen Kirche, Spielplatz und Parkplatz für drei Tage zu einer „Festmeile“ umgestaltet. Neben spannenden Einblicken in die Orts- und Bergbaugeschichte gab es dort Angebote für alle Altersgruppen, mittelalterliche Musik und gute Unterhaltung.

Einer der Höhepunkte war ein Theaterstück, das von Chronist Helmut Brückner und Ortsvorsteher Thomas Siegel geschrieben wurde. Auf heitere Weise ließ es die Begebenheiten rund um die Stadtgründung lebendig werden. Außerdem wurde zum Berggottesdienst mit der Bergknapp- und Brüderschaft „Glück auf“ Frohnau e. V. in die Geyersdorfer Kirche eingeladen. In einem „Handwerkergarten“ lebten alte Gewerke und Techniken auf. Außerdem gab es Angebote für Kinder und Familien, z. B. ein Marionettentheater, mittelalterliche Tänze sowie zahlreiche Genüsse für Gaumen und Kehle. Eigens für das Fest wurde ein schmackhaftes Festbier mit speziellem Etikett gebraut.

Zahlreiche Besucher aus allen umliegenden Städten und Gemeinden konnten so ein abwechslungsreiches Festwochenende erleben.

Vielen Dank an den Initiator und Ortsvorsteher Thomas Siegel, den Ortschaftsrat Geyersdorf und den vielen Geyersdorfern, ohne die ein solches Ereignis nicht zu verwirklichen gewesen wäre. (M.F.)

 

Durch ein heiteres Theaterstück erfuhren die Zuschauer, wie Geyersdorf das Stadtrecht erhalten hat. Mit Begeisterung dabei – die örtliche Schauspielgruppe.

 

Barbara Klepsch, die ehemalige Oberbürgermeisterin von Geyersdorf (und auch von Annaberg-Buchholz) ließ es sich nicht nehmen zum Stadtjubiläum zu kommen, auch wenn sie in der Landeshauptstadt Dresden als Gesundheitsministerin stark beschäftigt ist. Das freute nicht nur die Geyersdorfer, sondern auch Ortsvorsteher Thomas Siegel (in seiner neuen Dienstkleidung).
Überall lustige Gesellen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotos: Manfred Riesche