95 Jahre Dampflok 99 715

Letzter Betriebstag einer Jubilarin

Mit Einführung des Rollwagenverkehres auf den sächsischen Schmalspurbahnen, konnte ein aufwendiges Umladen des Transportgutes an den Übergangsbahnhöfen entfallen. Die normalspurigen Wagen wurden auf kleine schmalspurige Fahrgestelle aufgerollt und auf diesen befestigt. Die Transportzeit verringerte sich um ein Vielfaches. Ein Forstschritt, der aber auch einen Nachteil mit sich brachte. Die Normalspurwagen waren schwerer, als ihre Schmalspurpendants. Damit gerieten die bei den Sächsischen Staatseisenbahnen vorhandenen Dampflokomotiven schnell an ihre Leistungsgrenzen.
1919 bot sich die Möglichkeit neue Lokomotiven zu beschaffen, diese wurden auf den steigungsreichen Strecken im Erzgebirge zur Probe eingesetzt. Aufgrund der guten Erfahrungen mit den neuen Zugmaschinen ließ die Verwaltung der Deutschen Reichsbahn, insgesamt 47 Lokomotiven nachbauen, die sich in der Folge nicht nur in Sachsen sehr bewährten.
Dem letzten Baulos dieser Lokomotiven, entstammt auch die im März 1927 von der Sächsischen Maschinenfabrik Chemnitz gelieferte Lok mit der bis heute gültigen Betriebsnummer 99 715. Nach ihrer Inbetriebnahme im erzgebirgischen Meinersdorf war die Maschine hauptsächlich auf den Schmalspurstrecken um Thum, auf der Müglitztalbahn, von Heidenau nach Geising und Altenberg sowie auch auf den Schmalspurbahnen um Wilsdruff im Einsatz. Im Oktober 1971 entgleiste sie wegen eines Schienenbruchs und kippte dabei um. Anfang 1972 von der Deutschen Reichsbahn wieder betriebsfähig aufgearbeitet, wurde sie nach den Betriebseinstellungen der Schmalspurstrecken um Wilsdruff im Jahr 1974 abgestellt und gelangte als Ausstellungsstück, unter freiem Himmel stehend, nach Radebeul.
Im Jahr 1991 bemühten sich Eisenbahnfreunde um den Erwerb der Lok und die Wiederinbetriebnahme. Bis zum Sommer 2002 währte ihre Stillstandszeit, dann konnte sie wieder unter Dampf erlebt werden. Ihre neue Heimat, den Jöhstädter Lokschuppen bezog sie im Jahr 2004. Bei der Preßnitztalbahn ergänzt sie so hervorragend den historischen Fahrzeugbestand. Gepflegt und instandgehalten wird die Maschine übrigens von einem sehr regen Team, welches viele ehrenamtliche Stunden dafür aufbringt.
Im Rahmen des Fahrtenangebotes auf der Schmalspurbahn Steinbach – Jöhstadt, kommt die Lok hin und wieder zum Einsatz. So kann man die fünfundneunzigjährige Jubilarin auch am folgenden Wochenende, dem 19. und 20. März 2022, unter Dampf erleben.
Leider wird das aber vorerst die letzte Gelegenheit sein, zu der sie sich aus eigener Kraft bewegen kann. Entsprechend der für Eisenbahnen geltenden Vorschriften, benötigt das Fahrwerk der Lok eine Untersuchung und Instandsetzung. Genau ist der Aufwand erst nach der Demontage der Eizelteile sichtbar. Durch den allgemeinen guten Erhaltungszustand des Fahrzeuges hoffen die Preßnitztalbahner, dass sie bald wieder selbsttätig den Lokschuppen in Jöhstadt verlassen kann und die Züge der kleinen Bahn bespannt.

An beiden Tagen fährt um 10.05 Uhr ab Jöhstadt der erste Zug. Ihm folgen weitere Abfahrten um 12.05 Uhr, 14.05 Uhr und 16.05 Uhr. Ab Steinbach fährt dann der erste Zug um 11.00 Uhr, fortfolgend 13.00 Uhr, 15.00 Uhr und zuletzt um 17.00 Uhr.

Entlang des Preßnitztalwanderweges laden die Gaststätten „Am Wildbach“ und „Forellenhof“ zu einer Rast ein. An den Bahnhöfen in Steinbach sowie in Jöhstadt bieten die ortsansässigen Gastronomen einige Imbissspezialitäten und Getränke an.

Auskünfte zum Fahrbetrieb: telefonisch von Montag bis Freitag unter 03 73 43 80 80 37, verein@pressnitztalbahn.de oder unter www.pressnitztalbahn.de

Mechthild Reuter

Foto: Thomas Poth