Carlfriedrich Claus – Philosoph, Maler und Dichter

Annaberg-Buchholzer Künstler hätte am 4. August seinen 90. Geburtstag

„…Carlfriedrich Claus gehört zu den genialen Randgestalten der Kulturgeschichte, die ab und an auftauchen und ihr eigenes Koordinatensystem erfinden. Geboren 1930 im erzgebirgischen Annaberg, gestorben 1998 in Chemnitz bietet dieser sächsische Autodidakt, Lautpoet, Zeichner, Sprachkünstler und -denker, utopische Kommunist und universal gebildete „Existenz-Experimentator“ (Claus) reichlich Stoff für Künstlerlegenden…“ So war es am 19. April 2011 in der ZEIT zu lesen.

Am 4. August 2020 würde er seinen 90. Geburtstag feiern. Geboren wurde Carlfriedrich Claus als Sohn des Kunsthändlers Johannes Friedrich Emil Claus (1887-1944) und seiner Frau Johanna Luise Claus (1893-1969). In einer kleinen Wohnung in der Buchholzer Straße 10 in Annaberg wuchs er auf. Bereits während der Schulzeit in der Pestalozzi-Schule und im Anton-Günther-Gymnasium erkannte man die Begabung des Jungen. Schon in jungen Jahren wollte er den Sinn und den Hintergrund von Sprache und Schrift verstehen.

Sein ganzes Leben lang sah er sich als Kommunist. Die Ideologie der Nationalsozialisten lehnte er ab. Folgerichtig begrüßte er auch den Einmarsch der roten Armee 1945 auf dem Annaberger Markt. Im gleichen Jahr brach er die Schule ab und begann bei seiner Mutter eine Lehre als Kaufmann. Das theoretische Rüstzeug dafür erhielt er an der städtischen Handelsschule. Nebenbei befasste er sich immer intensiver mit sprachwissenschaftlichen Phänomenen und versuchte sich an experimenteller Poesie. Nach dem Abschluss seiner Lehre half er zunächst als beim Bau der Talsperre Cranzahl, kehrte jedoch 1949 aufgrund schlechter Gesundheit zu seiner Mutter zurück.
1951 erschienen erste Werke von Claus in Form von kleiner Gedichte. Bis 1957 beschäftigte er sich zudem intensiv mit Porträt- und Landschaftsfotografie und verfasste einige Theaterkritiken. 1959 wurde die Buchhandlung seiner Eltern – für ihn eine wichtige Quelle seines Wissens – verstaatlicht. Nach dem Tod seiner Mutter 1969 fiel er in eine Schaffenskrise. Zudem war sein eigenwilliges Schaffen der Stasi suspekt. Mehrfach wurde er verdächtigt, per Geheimschrift als Agent tätig zu sein. Kontakte wurden gekappt, und manche seiner Werke abgefangen. Hinzu kamen knappe finanzielle Mittel, die ihn zur fast asketischen Sparsamkeit zwangen. Dennoch verweigerte er die Ausreise in den Westen.

1975 trat er dem Verband bildender Künstler als Mitglied bei und baute auf diese Weise zahlreiche Kontakte zu Gleichgesinnten auf. Mit seiner speziellen Kunstrichtung, z.B. den Sprachblättern erlangte er internationale Bekanntheit. Einige seiner Sprachblätter sind im Deutschen Bundestag zu besichtigen.

Claus mied das Rampenlicht. In der Stille, im Untergeschoss des Annaberg-Buchholzer Gloria-Kinos vertiefte er sich in seine Gedanken und brachte diese in Form, in Schrift oder in Farbe zu Papier. Der Wunsch, den Ursprung allen Seins zu ergründen, prägte seine Arbeit. Vor allem die Sprache, jedes Wort, jeder Satz faszinierten ihn. Ein berühmter Satz von Claus lautet: „Ein Satz beginnt nicht mit seinem Anfang, endet nicht mit seinem Schluss“. Ein typisches Merkmal war sein unstillbarer Wissensdurst und ein oftmals ununterbrochener Arbeitswahn. Bis zu seinem Tod am 22. Mai 1998 in Chemnitz arbeitete er täglich an seinen Werken.

Sein gesamtes Werk umfasst heute 582 Zeichnungen, 13.000 Fotos, 19.000 Briefe, 50 Tagebücher und vieles mehr und wird im Carlfriedrich-Claus-Archiv der Kunstsammlungen Chemnitz bewahrt.
Anlässlich seines 75. Geburtstags gestaltete der am 22. Januar 2004 gegründete „Förderverein Carlfriedrich Claus – Lebens- und Arbeitsort in Annaberg-Buchholz e.V.“ seine ehemalige Wohnung in der Johannisgasse in einen Studienraum um. Auf diese Weise ist das Werk von Carlfriedrich Claus bis heute der Öffentlichkeit zugänglich.
Aufgrund seiner Verdienste verlieh ihm die Stadt Annaberg-Buchholz im Jahr 1994 die Ehrenbürgerschaft. International gilt Carlfriedrich Claus heute als einer der Mitbegründer der visuellen Poesie, als bedeutender Avantgardist, Dichter, Philosoph und Künstler.

Adressen/Kontakt

Förderverein Carlfriedrich Claus – Lebens- und Arbeitsort in Annaberg-Buchholz e.V.
Studienraum Johannisgasse 10
09456 Annaberg-Buchholz
Tel. 0151 22 58 26 00 oder 03733 23497 bzw. 03733 19433
Web: www.carlfriedrich-claus.de

Kunstsammlungen Chemnitz
Carlfriedrich-Claus-Archiv
Theaterplatz 1, 09111 Chemnitz
Tel. 0371 488 4424, Fax: 0371 488 4499
E-Mail: carlfriedrich-claus-archiv@stadt-chemnitz.de

Foto: Archiv Förderverein Carlfriedrich Claus – Lebens- und Arbeitsort in Annaberg-Buchholz e.V.